MutterHabenSein - und denk. sie lebt und siehet dich - ein biographisches Vexierspiel (Wiederaufnahme)
5 Schauspielerinnen nähern sich in einem Lokal oder einem Café unter den Zuschauer*innen den Lebensgeschichten ihrer Mütter, ihrer Kinder und sich selbst. Sie suchen nach Lebenslinien, Mustern, Parallelen und Abdrücken von Zeitläuften in ihrem Leben. Sie lassen hautnah den Zuschauer Einblick nehmen in die Herzkammern der Mütter unserer Zeit, die den Auftrag mitbekommen haben und auch den sehnlichsten Wunsch neben der Erziehung ihrer allseits vernetzten Kinder zu selbstbewußten, abiturfähigen G8 Stürmern, eine berufliche, möglichst erfüllende, in ihrem Fall auch noch künstlerische Karriere zu stemmen, die dazu auch noch ernähren muß. Theatral und trotzdem auf Augenhöhe mit ihrem Publikum begeben sie sich auf einen Parforceritt der Überforderung und der absoluten Erfüllung.
Heute sind die Rollen nicht mehr so klar verteilt wie damals, als unsere Mütter so alt waren wie wir. Wir stellen fest, dass die heutige Zeit uns vielfache Möglichkeiten der Entfaltung bietet, aber uns dadurch auch permanent überfordert und infrage stellt. Wir sind nicht nur Mütter und Hausfrauen, sondern wollen und müssen auch arbeiten, um das finanzielle Auskommen der Familie zu sichern, aber trotzdem sind wir in der Pflicht auch den Alltag, das Familienleben zu organisieren und lebendig zu gestalten. Unseren Kinder soll der Weg zu selbstständigen, möglichst hochschulfähigen Wesen geebnet werden in einer zunehmend medialisierten, globalisierten Welt, unsere Ehen wollen wir frisch erhalten, unsere Eltern im Alter liebevoll begleiten und noch dazu wollen wir uns selbst verwirklichen. Kann das gelingen? Das ist eine der grundlegenden Fragen, die uns während der Arbeit begleitet haben.
Ausgehend von unseren heutigen Lebensfragen haben wir versucht Bögen zu schlagen zu der Lebenswirklichkeit unserer Mütter, die alle in den Krieg hinein geboren wurden, deren Mütter wiederum allein versuchen mussten die Familie zu ernähren und aufrecht zu erhalten, da ihre Männer im Krieg waren. In den Interviews mit ihnen haben wir versucht herauszufinden wie sie ihr Leben gemeistert haben, welche Träume und Wünsche auf der Strecke geblieben sind und mit was für einem Fazit sie auf ihr Leben zurückblicken.
All diese Themen tauchten in vielfältiger Gestalt in den zum Teil stundenlangen Interviews mit den Müttern, den Schauspielerinnen und den Kindern auf. Im Vorfeld hat die Regisseurin Carola v. Seckendorff versucht Schwerpunkte herauszufiltern, parallele Themenbereiche und Muster aufzuspüren. Wichtig war dabei nicht aus dem Auge zu verlieren, dass das Ergebnis nicht die Nabelschau von 5 Schauspielerinnen sein sollte, sondern eine Art kollektive Frauenbiographie in der sich die Zuschauer*innen wieder erkennen können und einen Anreiz finden, sich ebenso forschend, liebevoll interessiert mit der eigenen Geschichte, den eigenen Müttern und Kindern zu beschäftigen und genau hinzuschauen.